Risse 2

Editorial

Vor 400 Jahren wäre Fagan Pirat in der Karibik geworden, vor 200 Jahren Zugräuber im Wilden Westen.

So kommentierte der Tages–Anzeiger die vom New Yorker Anwalt Ed Fagan am 17. Juni in Zürich angekündigte Sammelklage gegen die schweizer Grossbanken UBS und CS wegen deren Geschäften mit dem Apartheidregime in Südafrika. Fagan ist ja kein Unbekannter in der Schweiz. Er war es doch, der seinerzeit ebenfalls mit einer aufsehenerregenden Klage die Debatte um die nachrichtenlosen Vermögen von Holocaust–Opfern auf schweizer Banken erst so richtig ins Rollen gebracht hatte. Dies hat man ihm hier nicht verziehen. Unverzeihlich war in den Augen der rechtschaffenen SchweizerInnen nicht nur die öffentliche Klage gegen die rechtschaffenen schweizer Banken, sondern vor allem die Tatsache, dass die vertretenen KlägerInnen JüdInnen waren. Das löste eine Debatte aus, in deren Verlauf immer unverblümter antisemitische Angriffe in den Medien und an den Stammtischen geäussert wurden. Und jetzt tritt ausgerechnet wieder eben dieser Anwalt aufs Tapet. Ein lächerlicher Politclown sei er, dieser Ed Fagan, nur aufs Geld aus sei er (was ja genau genommen bei einer Schadenersatzklage nicht sooo verwunderlich ist) und die wirklichen Opfer, die täten ihn eigentlich gar nicht interessieren, nur ausnützen täte er sie. Überhaupt kann die Schweiz doch wohl noch selbst entscheiden, mit wem sie wann was für Geschäfte macht und andere haben es ja auch getan und amerikanische Anwälte kann man hier sowieso fast so wenig leiden wie habsburgische Landvögte... So hat sich denn aus dem Umfeld von Christoph Blochers AUNS auch ein RentnerInnen–Krawalltrupp formiert, um diesen fremden Fötzel mit seiner schmutzigen Wäsche, die er doch gefälligst anderswo waschen soll, gleich wieder zu vertreiben. Fagan und Dorothy Molefe, die Mutter des ersten Kindes, das 1976 beim Soweto–Aufstand erschossen worden ist und die den Anwalt nach Zürich begleitet hatte, wurden niedergeschrien und attackiert. Doch die durchgedrehten Alten sind nicht alleine: Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und die Zürcher FDP–Sektion fordern ob der drohenden Gefahr einer Klage einen «nationalen Schulterschluss» und die schweizer Presse zieht beinahe geschlossen in übelster Art und Weise über Fagan her.

Die Klage kommt vielen sehr ungelegen, denn sie wirbelt einigen Dreck auf. Der Goldhandel, den das Apartheidregime in Südafrika über die schweizer Banken betrieb, war für dieses wohl überlebenswichtig und auch ideologisch hatten die südafrikanischen RechtsextremistInnen in schweizer Militär– und Wirtschaftskreisen durchaus Freunde.

Fagan hat immerhin mit seiner Aktion eine Bresche geschlagen, die hoffentlich einiges an den Tag bringen wird, worüber man in der Schweiz sonst lieber schweigt. Wenn es ihm aber gelingen sollte mit seiner Klage bei einem amerikanischen Gericht durchzukommen und die schweizer Banken zur Zahlung von Schadenersatz an wenigstens einige Apartheidopfer zu zwingen, so kann das nur begrüsst werden. Ob Fagan dabei auch etwas verdient und wieviel spielt keine Rolle. Wir jedenfalls gratulieren Ed Fagan zu seiner Klage und wünschen ihm und ihr viel Erfolg!!

Die Redaktion

Editorial


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