Heribert Schiedel

Wir verfolgen, wen wir wollen!

Die FPÖ und der Antisemitismus

Der Antisemitismus hängt qualitativ wie quantitativ vom historischen Charakter der nationalen Gemeinschaft ab. Diese ist hierzulande gefestigt wie kaum wo: Rund 90% der ÖsterreicherInnen sind sehr oder ziemlich stolz darauf, solche zu sein. Gleich hoch ist die Zustimmung zum volksgemeinschaftlichen Stehsatz „Im Ringen um eine gesunde Wirtschaft sitzen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im selben Boot.“

Die FPÖ und ihrer Ideologie muß im Kontext der österreichischen Gesellschaft analysiert werden. Erst vor diesem Hintergrund wird begreifbar, dass die FPÖ nicht außerhalb des österreichischen Normalzustandes steht, sondern dessen reinster politischer Ausdruck ist.

Der österreichische Nationalismus

Was heute als gefestigtes Nationalbewusstsein und sozialer Friede gefeiert wird, ist vor allem das Resultat eines spezifischen Umganges mit der NS-Vergangenheit. Der Austro-Patriotismus als Antithese zum Deutschnationalismus war nach 1945 die einigende Klammer unter den postfaschistischen Eliten. Im von diesen verordneten kollektiven Abrücken vom deutschnationalen Ticket, auf dessen Bestandteil der nicht eigenständig thematisierte Antisemitismus reduziert wurde, erschöpfte sich weitgehend die ideologische Entnazifizierung.

Daneben stellte das Bekenntnis zur österreichischen Nation eine rückwärtsgewandte Identifikation zum Zweck der kollektiven Schuldabwehr dar: Weil bei den Alliierten Österreich als erstes Opfer der NS-Aggression durchging, sah sich seine Bevölkerung ebenso. Diese Selbstwahrnehmung als Opfer fand seine Deckung bei der politischen Macht, die damit erfolgreich Entschädigungszahlungen an die tatsächlichen Opfer abwehrte. Die zum Zwecke eines endgültigen „Schlußstriches“ von FPÖVP gewährten Entschädigungszahlungen an jüdische Opfer sind tatsächlich nicht als verspätetes Schuldeingeständnis zu begreifen, sondern als Ausfluß einer „moralischen Verantwortung“, wie Schüssel am 9. November 2000 gegenüber der Jerusalem Post meinte. Bei dieser Gelegenheit bezeichnete er die ÖsterreicherInnen als die „allerersten Opfer des Nationalsozialismus“, woraus der fehlende Rechtsanspruch der wirklichen Opfer abgeleitet wird.

Die österreichische Nation als Opfergemeinschaft wird zusammengeschweißt von kollektiver Verdrängung. Dieser Reaktionsweise folgt die eingeschränkte Wahrnehmung der Realität, der Hang zur Stereotypenbildung sowie die soziale Paranoia, die regelmäßig in Hass auf alles Nicht-Identische umschlägt. Trotzdem wollten viele im Wachsen des österreichischen Nationalbewusstseins antifaschistische Haltungen massenwirksam werden sehen. Da die FPÖ bis 1997 am Bekenntnis zur „deutschen Volksgemeinschaft“ festhielt, schien diese Annahme auch Berechtigung zu haben. In Wahrheit konnten gerade im transformierten Nationalismus antisemitische Einstellungen ungehindert fortleben. Dies erklärt, warum der nicht bloß taktisch motivierte Schwenk der FPÖ zu „aggressivem Österreichpatriotismus“ so reibungslos über die Bühne ging.

Mit der Diskussion über die NS-Vergangenheit des ÖVP-Präsidentschaftskandidaten Waldheim geriet der Opfermythos in die Krise. Aber auch in anderer Hinsicht ist das Jahr 1986 als Zäsur zu begreifen: Der Antisemitismus war bis dahin im Wesentlichen ein privater, Bernd Marin spricht hier gar von einem „Antisemitismus ohne (öffentliche) Antisemiten“. Wenn diese, einer apologetischen Sichtweise der Zweiten Republik geschuldete Einschätzung auch etwas überzeichnet scheint, so markiert der Präsidentschaftswahlkampf von 1986 tatsächlich einen Einschnitt. Zum ersten mal nach 1945 wurden von einer Partei und zahlreichen Medien systematisch antisemitische Stimmungen geschürt und verwertet. Die ÖVP reagierte auf die (internationale) Kritik an ihrem Kandidaten Waldheim, der bezüglich seiner NS-Vergangenheit am Balkan sich an nichts erinnern wollte, außer dass er damals nur seine „Pflicht erfüllt“ hätte, mit einem trotzigen „Wir Österreicher wählen, wen wir wollen!“. Dass es Juden und Jüdinnen, personifiziert im Jüdischen Weltkongress, seien, welche die „Österreicher“ in ihrem demokratischen Grundrecht beschneiden wollten, wurde von den Konservativen und ihren medialen Verbündeten offen ausgesprochen.

Neues Selbstbewusstsein

1986 brachen nicht nur die Schranken, die den Antisemitismus mühsam im Privaten hielten. Auch die damalige Regierungspartei wurde, was sie war: Mit der Obmann-Kür Haiders kehrte die FPÖ zu ihren Wurzeln zurück. Während Haider als neuer Parteiführer gefeiert wurde, sah sich der unterlegene Steger als „Jud’“ mit dem Erschießen und Vergasen bedroht. Die Pogromdrohung eint den FPÖ-Anhang bis heute: Zu 30% stimmt dieser der Aussage zu, „es wäre für Österreich besser, keine Juden im Land zu haben.“ Die Hetzmasse weiß auch genau, wie die zu Deportierenden auszumachen sind: 71% der FPÖ-SympathisantInnen glauben, „dass man die meisten Juden an ihrem Aussehen erkennen kann.“ Alles in allem sind antisemitische Einstellungen unterm FPÖ-Anhang rund doppelt so häufig anzutreffen wie im österreichischen Durchschnitt.

Die Handlungen folgen auf dem Fuß: 1992 schändeten zwei freiheitliche Nachwuchskader den jüdischen Friedhof in Eisenstadt. Die beiden Täter wollten laut Bekennerschreiben ihrem „Vorbild Jörg Haider“ einen „arischen Gruß“ zukommen lassen. Doch dieser zeigte sich wenig erfreut und machte die „Linken“ dafür verantwortlich. Sogar als keine Zweifel über den freiheitlichen Background des antisemitischen Angriffes mehr bestanden, versuchten FPÖ-Politiker, die Tat als Produkt einer jüdisch-antifaschistischen Verschwörung hinzustellen.

Ob Haider und die Seinen aber als antisemitisch zu bezeichnen sind, entscheiden hierzulande die Gerichte. Wolfgang Neugebauer, Leiter des Dokumentationsarchives des österreichischen Widerstandes, wurde vom damaligen FPÖ-Obmann geklagt, weil er ihm einen „Antisemitismus der besonders perfiden Art“ attestiert hatte. Neugebauers Einschätzung basierte auf Haiders Abwehr der Kritik aus Israel. Unmittelbar nach den Wahlen im Oktober 1999 bezeichnete er diese als „hysterische Akte“, welche den jüdischen Bürgern in ganz Europa schaden würden. „In einer zivilisierten Welt“, so Haider weiter, „agiert man nicht mit Drohungen, sondern setzt sich bei Meinungsverschiedenheiten an den Verhandlungstisch.“ Die Wortmeldung gipfelte im antisemitischen Standardsatz, wonach die Juden und Jüdinnen an ihrer Verfolgung selbst schuld seien: „Es gibt genügend Leute, die sagen: ‘Wir wissen jetzt, warum Antisemitismus entsteht.’“

Auch Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, muss vor Gericht. Sein Vergehen bestand darin, auf das wachsende Aggressionspotential der AntisemitInnen rund um die letzte Nationalratswahl hinzuweisen: Mit der damaligen FPÖ-Agitation gegen „Überfremdung“ hätten antisemitische Drohbriefe und Pöbeleien rapide zugenommen. Weil Muzicant dafür explizit die FPÖ verantwortlich machte, wurde er von Haider umgehend geklagt.

Daneben gründeten die Opfer gewisser Kreise kurz nach Muzicants Hinweis auf den Charakter der FPÖ eine Schutzgemeinschaft freiheitlicher Wählerinnen und Wähler (SG). Dabei handle es sich um eine „Notwehrreaktion“, welche „sich gegen die momentan in Österreich stattfindende Diffamierung und Hetze gegen die Freiheitliche Partei und deren Wähler richte.“ FPÖ-General Westenthaler behauptete öffentlich, dass nicht seine Truppe, sondern Muzicant „an der Schraube des Hasses“ drehe. Ein FPÖ-Nationalrat ging noch weiter und nannte Muzicants Kritik „übelsten NS-Jargon“. Dass es sich demgegenüber bei der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft um die „Juden von heute“ handelt, beklagte Haider schon vor Jahren.

Die Täter-Opfer-Umkehr ist nicht nur strategisches Kalkül, sondern auch Ausdruck paranoider Aufrichtigkeit derer, die sich von Juden und Jüdinnen verfolgt wähnen. So entlarvte Haider „hohe Funktionäre der jüdischen Gemeinde in Wien“, welche versucht hätten, „beim State Department in Washington gegen uns Stimmung zu machen“, als Drahtzieher der neuerlichen Kampagne gegen Österreich. Bereits 1998 behauptete der von finsteren Mächten Verfolgte im ORF, Juden würden im Geheimen über ihn zu Gericht sitzen. Die Kärntner FPÖ-Zeitung damals: „Dass es geheime Organisationen, um nicht zu sagen: Logen gibt, die hinter Polster- und Tapetentüren, in Säulenhallen und unter Kandelabern unter jedem Ausschluß der Öffentlichkeit tagen, darf in Österreich nicht behauptet werden. (...) B’nai B’rith nennt sich die honorige Gesellschaft. Offiziell die weltweit größte jüdische Organisation mit einem UNO-Sitz, inoffiziell aber wohl einer der mächtigsten Geheimbünde, in denen so manches entschieden wird, was nicht für das Licht der Öffentlichkeit bestimmt ist.“ Den realen Hintergrund der aufgedeckten Verschwörung bildet eine Anzeige, welche von B’nai B’rith gegen Haider nach dessen Auftritt 1995 in Krumpendorf eingebracht worden war. Er nannte die dort anwesenden ehemaligen Waffen-SS-Männer Menschen, „die einen Charakter haben und die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind.“ Beim imaginierten „Femegericht“ von B’nai B’rith handelte es sich vielmehr um eine Diskussion über die behördlichen und medialen Reaktionen auf den Krumpendorf-Skandal. „Ob das freilich im Sinne der jüdischen Gemeinde ist“, bezweifelt das FPÖ-Blatt abschließend nicht ohne den obligaten drohenden Unterton.

Auch in ihrer sozialen Demagogie greift die FPÖ auf Verschwörungsmythen zurück. So wurde 1997 in der Steiermark ein Propagandablatt verbreitet, darauf die graphische Darstellung der „arbeitende(n) Bevölkerung“, wie sie von „Sozialismus“ und „Kapitalismus“ in die Zange genommen werde. Ersterer, so heißt es dort, betreibe die „Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung mittels Steuern durch die Umverteilungspolitik der eigentlichen Machthaber der internationalen sozialistischen Parteien und Gewerkschaften“, zweiterer „mittels Zinsen durch die Profitgeldgeschäfte der die internationale Hochfinanz beherrschenden Banken und Spekulanten“. Und darunter in bester NS-Tradition: „Der Sozialismus und der Kapitalismus teilen sich in geheimer Komplizenschaft die Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung.“

Als Vordenker der FPÖ galt lange Zeit Andreas Mölzer. Dieser mußte zwar 1995 seinen Chefsessel in der Parteiakademie räumen, hat es aber mittlerweile zum kulturpolitischen Beauftragten des Kärntner Landeshauptmannes gebracht. 1991 schrieb Mölzer in der Aula, einem Vorfeldorgan der FPÖ: „Die Geschichte hat mehrmals gezeigt, dass entortete und entwurzelte Völker, wie etwa die Juden in der Diaspora (...), es diesbezüglich verstanden, aus der Not eine Tugend zu machen. Der Handel und das Geschäft des Geldwechslers (...) prägte den Charakter dieser Völker so hundertprozentig, dass ihnen Handwerk, Ackerbau oder Industriearbeit geradezu widernatürlich erscheinen mussten. Dafür waren nur mehr die Wirtsvölker zuständig.“

Die von der FPÖ selbst als „Vorfeldorganisation“ bezeichneten Freiheitlichen Akademikerverbände geben nicht nur die Aula heraus, sondern organisieren auch Veranstaltungen. So im November 1999, als der deutsche Neonazi Horst Mahler auf deren Einladung in Wien referierte. Mahler sprach dort vom „jüdischen Volk“, das der „Feind“ der Deutschen sei. Auf dem Weg zur „Volksgemeinschaft“ müssten sich die Deutschen von den „negativen jüdischen Prinzipien“ wie dem „Mammonismus“ befreien. Aber noch würden „unsere Feinde“ (die Juden und Jüdinnen, Anm.) „über unsere Gedanken (herrschen)“. Mahler versuchte schließlich, die antisemitische Verfolgung zu legitimieren: „Den Juden wurde der Hass auf andere Völker auferlegt. Die anderen Völker haben diesen Hass nur erwidert.“

Sekundärer Antisemitismus

Anläßlich der Einigung über Entschädigungszahlungen an jüdische NS-Opfer setzte die FPÖ Anfang 2001 parlamentarische Schritte: Laut Kronen-Zeitung wollten Freiheitliche in Anfragen wissen, „wie lange wir noch zahlen müssen“ und „wann ein Schlußstrich gezogen wird.“ Die FPÖ behauptete bei dieser Gelegenheit, dass „seit 1945 300 Milliarden Schilling an Wiedergutmachung geflossen sind.“ Der tatsächliche Betrag beläuft sich zwar nur auf ca. 100 Milliarden, aber die Wahrheit hat bei der Abwehr zu verantwortender Schuld und der Erinnerung an die NS-Verbrechen stets einen schweren Stand.

Bereits 1998 beschrieb Mölzer die Forderungen der Überlebenden der Shoah in Zur Zeit als „Fass ohne Boden“: „Man sollte einem durchaus wiedergutmachungswilligen Land und seinen Bürgern (...) nicht das Gefühl geben, dass sie gewissermaßen ad infinitum als Melkkuh für Ansprüche herhalten müssen, für die es keine rechtliche und moralische Grundlage mehr gibt.“ Kurz darauf schlug das FPÖ-Organ Neue Freie Zeitung (NFZ) ähnliche Töne an. Unter dem Titel „Der Holocaust als Geldquelle“ wird die Shoah zunächst zum Gerücht: „Zwischen vier und sechs Millionen Todesopfer soll, je nach Lesart und Geschichtsschreibung, allein der Holocaust gefordert haben.“ Dieser diene den Juden und Jüdinnen nicht nur als „cash-cow“, sondern auch „als Druckmittel mit Killerargument-Qualität zur Durchsetzung vordergründiger Interessenlagen“. Ähnlich geartet ist der Kommentar, welchen FPÖ-Bundesrat John Gudenus anläßlich der Entschädigungszahlungen an ehemalige ZwangsarbeiterInnen abgab: „Diese Entschädigungen sind nichts anderes als Schutzgeld, das wir zahlen müssen. (...) Er (der Anwalt Ed Fagan, Anm.) ist ein guter Geschäftsmann, das ist klar. Aber ich glaube, er trägt nicht dazu bei, Sympathien für seinesgleichen zu erwecken. Aber man darf auch nicht verallgemeinern. Es gibt in Deutschland auch den Anwalt Witti, von dem ich annehme, dass er nicht jüdischer Abstammung ist — und der agiert ähnlich als Geschäftsmann.“ 1995 fiel dem damaligen FPÖ-Nationalrat zur Shoah nur ein: „Gaskammern? Ich halte mich da raus. Ich glaube alles, was dogmatisch vorgeschrieben ist.“ Darauf hin ließ die FPÖ Gudenus jedoch kurzfristig in der Versenkung verschwinden.

Auch Haider polemisierte wiederholt gegen eine sogenannte „Wiedergutmachung“. Diese betreffe, wie er bei der FPÖ-Veranstaltung in der Wiener Stadthalle am 20. Oktober 2000 ausführte, „nämlich nicht nur die in New York und im Osten, sondern vor allem auch unsere sudetendeutsche Freunde. Wir wollen uns zuerst um die eigenen Leute kümmern.“ Damit schreibt Haider implizit die NS-Volksgemeinschaft fort. Das Relativieren der Shoah durch den Verweis auf das Schicksal der „eigenen Leute“ hat Tradition. Schon 1998 meinte Haider: „Wenn jüdische Emigranten Forderungen stellen, dann ist sozusagen die Wiedergutmachung endlos. Wenn Sudetendeutsche dasselbe von der österreichischen Regierung verlangen, dass sie gegenüber den tschechischen Behörden ihre Wiedergutmachungsforderungen durchsetzen sollen, dann wird gesagt, irgendwann muss einmal ein Schlussstrich unter die Geschichte gezogen werden. (...) Man kann nicht Gleiches ungleich behandeln.“

Der niederösterreichische Freiheitliche Gemeindekurier schrieb 1998 über die von der Regierung eingesetzte Historikerkommission zur verspäteten Aufarbeitung volksgemeinschaftlicher Raubzüge: „Herrn Simon Wiesenthal räumt man das Recht ein, einen Ausländer für eine Kommission zu nominieren, der Vorsitzende selbst, Clemens Jabloner, sagt im profil Nr. 41, dass er aus einer ’jüdischen Familie stammt und Mitglied der israelitischen Kultusgemeinde ist.’ Hier endet einfach die Glaubwürdigkeit in diese ’unabhängige’ Kommission, da, und dies sei sachlich festgestellt, die in Österreich lebende jüdische Bevölkerung in höchsten staatlichen und privaten Stellen und in Banken ungewöhnlich stark präsent ist. Darüber zu sprechen, fällt unter Rassismus und schon ist man eingeschüchtert!“

Die ängstliche Schüchternheit in der falschen Sinnproduktion ist echt: Es wird tatsächlich an eine jüdische Allmacht geglaubt. Und solange sie diese nicht gebrochen werden kann, wird versucht, sich als PhilosemitIn an sie zu schmiegen. Haider etwa wollte in Israel beweisen, dass er kein Antisemit ist, allein der FPÖ-Obmann wurde mit einem Einreiseverbot belegt. Statt ihm versucht nun FPÖ-General Sichrovsky, jüdische KritikerInnen zu besänftigen. Als Jude erfüllt Sichrovsky darüber hinaus eine wichtige Funktion bei der Abwehr des Antisemitismus-Vorwurfes: Schon seine Position in der FPÖ belege das Gegenteil. Vor allem aber kann ihn die FPÖ mit Angriffen betrauen, vor welchen eingeschüchterte FPÖ-Kader noch zurückschrecken. Gegenüber der slowenischen Tageszeitung Delo griff er auch gleich ins Volle: „Sie müssen verstehen, dass die Mitglieder der jetzigen jüdischen Gemeinschaft in Österreich keine österreichischen Juden sind. Der Obmann der Wiener Gemeinschaft, Ariel Muzicant, wurde in Israel geboren, ebenso der große Anführer der jetzigen Demonstrationen, Doron Rabinovici. (...) Die heutigen Führer der Gemeinschaft, welche hierher Geld verdienen kamen, sich hier nicht zu Hause fühlen und ihre Kinder ins Ausland studieren schicken, sind meiner Meinung nach umstritten, weil sie mit diesem Staat nicht gefühlsmäßig verbunden sind. (...) Es geht (bei Muzicant, Anm.) um einen aggressiven, zornigen Menschen, der ungeheuer geizig ist und ungeheuer reich wird. Ich verstehe nicht, wie derart hasserfüllte Menschen eine Gemeinschaft leiten können. (...) Er (Bubis, Anm.) war eben an der Spitze einer jener jüdischen Organisationen, welche wegen der Vergangenheit so wichtig und stark wurden. Sie haben das weltweite Gefühl der Schuld ausgenutzt und wurden äußerst einflussreich. (...) Muzicant kommt vor die Kamera, damit er über Antisemitismus, Rassismus und über die extreme Rechte spricht. Er ist wirklich eine tragische Erscheinung. Der Mann tut mir leid, so wie mir alle ’Berufsjuden’ leid tun, welche ihre toten Verwandten ausnützen müssen, um ins Fernsehen zu kommen.“

In der NFZ legt Sichrovsky Muzicant folgende Worte in den Mund: „Liebe Weisen, in Österreich herrscht Rassismus, weil ich immer noch erst der zweitreichste Immobilienhändler bin.“ Neben der Geschäftstüchtigkeit und Geldgier, der zweifelhaften nationalen Loyalität und dem (’alttestamentarischen’) Hass kommt dem Hinweis auf fremd klingende Namen zentraler Stellenwert zu. So fällt Sichrovsky beim französischen Europaminister Moscovici dessen „nicht sehr französisch klingender Name“ auf. Anfang 2001 verlangte der FPÖ-General von der Regierung, sie solle „die Forderung des World Jewish Congress, sich (für die österreichische Mitschuld an der Shoah, Anm.) zu entschuldigen, nicht nur ignorieren, sondern eine Entschuldigung des WJC verlangen für dessen Hetze gegen das österreichische Volk, die von dieser Organisation in den letzten Monaten verbreitet wurde.“

Glückliche Ostmark: Die AntisemitInnen haben wieder ihren Juden, der ausspricht, was sie denken.